Ich bin studierte Illustratorin. In den letzten Jahren habe ich mich in die Richtung „Leichte Sprache-Bilder“ spezialisiert. Ich denke in Bildern. Erst kommt das Bild und dann der Text. Ich unterstütze Menschen mit großen Ideen, diese mithilfe von leichten Bildern zu verbreiten.
Ein Teil meiner Arbeit besteht aus dem Gestalten von Leichten Bildern für Texte in Leichter Sprache. Irgendwann bin ich zufällig über Leichte Sprache-Texte gestolpert und war schockiert über die katastrophale visuelle Gestaltung. Ich merkte, dass der gestalterische Aspekt überhaupt nicht beachtet wird. Da sah ich einen großen Nachholbedarf. Zudem ist mein Stil sehr klar und reduziert. Ich habe einen großen Drang, Dinge visuell ‚aufzuräumen‘. Das passte dann gut zu den Anforderungen an Leichte Bilder.
Ich nenne mich Info-Illustratorin oder Info-Grafikerin, weil ich weiß, wie man verschiedene Arten von Informationen auf dem Blatt visuell anordnen sollte. Je nachdem was am wichtigsten ist, muss man Prioritäten setzen. Bei Leichter Sprache ist es genauso: Was ist das Wichtigste? Das muss prägnant sein!
Es ist sehr schwer, im Bereich der Leichten Sprache Neuerungen durchzusetzen. Es gibt große Debatten darüber, wie die Texte aussehen sollen. Es gibt zum Beispiel die Meinung, dass alle Texte gleich aussehen sollten, sonst verwirrt man die Leserschaft. Es gibt aber auch den Standpunkt, dass man Texte je nach Zielgruppe verschieden aufbereiten sollte. Dass man zum Beispiel sofort erkennt: Das ist eine Traueranzeige oder das ist ein Zeitungsartikel. Die sehen in einem Standardtext ja auch anders aus, und das hilft uns zu unterscheiden.
Ich bin der Meinung, dass man durch gut überlegte und didaktisch-visuelle Gestaltung das Verständnis eines Textes fördern kann. Schönheit ist da nicht die erste Priorität, darum geht es nicht. Es geht darum, die Funktion des Textes optimal zu erfüllen. Etwas kann nur schön sein, wenn es auch für die Nutzer*innen und Leser*innen funktioniert. Ansonsten bleibt es Deko.
Für die Leichte Sprache sehe ich viel Potenzial in der visuellen Gestaltung. Darin sehe ich auch meine Mission. Ich möchte, dass Leichte Sprache cool wird. Denn Leichte Sprache ist für alle gut.
Interview geführt am: 05. September 2019
Ich bin studierte Illustratorin. Ich habe hier in Leipzig an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Illustration studiert. Meinen Abschluss habe ich 2007 gemacht. In den letzten Jahren habe ich mich in die Richtung „Leichte Sprache-Bilder“ spezialisiert. Ich denke in Bildern. Das ist bei mir schon immer so. Erst kommt das Bild und dann der Text.
Ich unterstütze Menschen mit großen Ideen, diese mithilfe von Leichten Bildern zu verbreiten. Ein Teil meiner Arbeit besteht aus Live-Visualisierung. Ich zeichne dabei live bei Veranstaltungen mit.
Am Anfang habe ich viel für die Trainings-Branche und für Unternehmen gearbeitet. Unternehmen brauchen gute Bilder und Geschichten, um zum Beispiel ihre Mitarbeiter von einem Veränderungsprozess zu überzeugen oder Kunden von ihrer Marke zu begeistern. Mit der Zeit habe ich mich von der klassischen Unternehmensbranche abgewendet, weil mich bestimmte Dinge störten. Zum Beispiel sind Visualisierungen oft nur Schmuckfaktor einer Veranstaltung. Das machte für mich keinen Sinn mehr. Ich fragte mich: Die geben so viel Geld dafür aus, warum machen die es nicht so, dass Visualisierung wirklich zielführend für alle ist? Nun zeichne ich live vor allem auf Veranstaltungen, wo Visualisierung den Prozess wirklich weiterbringt. Ich möchte noch mehr mit professionellen Trainer*innen zusammen arbeiten.
Es gibt verschiedene Arten von Live-Visualisierung. Es gibt einmal das „Graphic Recording“. Das ist eine Dokumentation in Bildern und kurzen Notizen. Ich als Visualisiererin interagiere nicht mit den Leuten, die an der Veranstaltung teilnehmen. Ich stehe an der Seite und zeichne entweder auf einem großen Plakat, und die Leute können direkt gucken, wie es entsteht. Oder ich visualisiere digital auf einem Tablet. Die Leute können es dann projiziert sehen. Oder sie bekommen es am Schluss als PDF zugeschickt.
Live-Visualisierung hat aber auch noch einen anderen wichtigen Zweck: Prozesse zu unterstützen als sogenannte visuelle Prozessbegleitung. Live-Visualisierung kann man nämlich auch als Kommunikations-, Denk- und Arbeitswerkzeug nutzen. Der Referent überlegt dafür schon bei der Konzeption des Workshops, wie er sein Ziel mit Live-Visualisierung in Zusammenspiel mit anderen Methoden erreichen kann, zum Beispiel für Brainstorming-Sessions. Für diese Zwecke kann man mich als Live-Visualisiererin engagieren. Wenn Live-Bilder zusammen mit einer guten Moderation eine Diskussion begleiten, ist diese meist viel produktiver und zielführender. Die visuelle Prozessbegleitung finde ich am spannendsten, weil ich wirklich mit dabei bin und mit den Teilnehmenden interagiere. Ich stelle zum Beispiel Zwischenfragen, wenn ich etwas nicht verstehe. Ich merke sofort, wenn jemand sich nicht klar ausdrückt. Denn dann kommt kein Bild, dann weiß ich nicht, was ich zeichnen soll.
Ich bin nicht die Einzige, die als Live-Visualisiererin arbeitet, es gibt viele Visualisierer*innen in Deutschland. Aber ich bin die Einzige, die sich auf Live-Bilder für Menschen mit Lernschwierigkeiten spezialisiert hat. Mit leichten Live-Visualisierungen kann Teilhabe von Menschen mit Lernschwierigkeiten auch auf Konferenzen und in Workshops ermöglicht werden. Hier ein Beispiel für eine visuelle Dokumentation in Leichten Bildern einer inklusiven Konferenz.
Ein anderer Teil meiner Arbeit besteht aus Leichten Bildern für Texte in Leichter Sprache. Irgendwann bin ich zufällig über Leichte-Sprache-Texte gestolpert und war schockiert über die katastrophale visuelle Gestaltung. Ich merkte, dass der gestalterische Aspekt überhaupt nicht beachtet wird. Da sah ich einen großen Nachholbedarf. Zudem ist mein Stil sehr klar und reduziert. Ich habe einen großen Drang, Dinge visuell ‚aufzuräumen‘. Das passte dann gut zu den Anforderungen an Leichte Bilder.
Ich nenne mich auch Info-Illustratorin oder Info-Grafikerin, weil ich weiß, wie man verschiedene Arten von Informationen auf dem Blatt visuell anordnen sollte. Je nachdem was am wichtigsten ist, muss man Prioritäten setzen. Und bei Leichter Sprache ist es genauso: Was ist das Wichtigste? Das muss prägnant sein! Ich benutze Leichte Sprache auch einfach als Werkzeug, um Inhalte besser zu verstehen. Wenn ich einen Standardtext von einem Kunden bekomme und der nicht eindeutig ist, entschlüssele ich mir mit Leichter Sprache, was er mir damit sagen möchte.
Ich bin der Meinung, Leichte Sprache ist für alle Menschen gut. Alle Menschen, die Informationen weitertragen, sollten sich damit beschäftigen.
Es ist sehr schwer, im Bereich der Leichten Sprache Neuerungen durchzusetzen. Es gibt große Debatten darüber, wie die Texte aussehen sollen. Es gibt zum Beispiel die Meinung, dass alle Texte gleich aussehen sollten, sonst verwirrt man die Leserschaft. Es gibt aber auch den Standpunkt, dass man Texte je nach Zielgruppe verschieden aufbereiten sollte. Dass man zum Beispiel sofort erkennt, das ist eine Traueranzeige oder das ist ein Zeitungsartikel. Die sehen in einem Standardtext ja auch anders aus, und das hilft uns zu unterscheiden.
Ich bin der Meinung, dass man durch gut überlegte und didaktisch-visuelle Gestaltung das Verständnis eines Textes fördern kann. Schönheit ist da nicht die erste Priorität, darum geht es nicht. Es geht darum, die Funktion des Textes optimal zu erfüllen. Etwas kann nur schön sein, wenn es auch für die Nutzer*innen und Leser*innen funktioniert. Ansonsten ist es Dekor.
Ich bin diejenige, die schaut, an welchen Stellen Leichte Bilder benötigt werden. Die typografische Gestaltung des Textes mache ich auch.
Das mache ich für diverse Organisationen und staatliche Einrichtungen. Zum Beispiel habe ich für die „Bundeszentrale für politische Bildung“ Leichte Bilder zu politischen Themen gemacht.
Für die „Tanz-Zentrale“ habe ich Bilder für die inklusive Tanz-Ausbildung gezeichnet. Sie vermittelt Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten Wissen und Methoden über Körpererfahrung.
Ich arbeite aber auch für engagierte Einzelpersonen. Jetzt gerade habe ich ein Präsentationsplakat für die „EiS-App“ abgeschlossen. Das ist eine inklusive Sprachlern-App, mit der man Gebärden lernen kann. Es ist sogar ein Erklärvideo mit meinen Bildern entstanden.
Meine Auftraggeber finden mich auf Netzwerkveranstaltungen, aber auch über Twitter, Instagram und Facebook. Und natürlich über Empfehlungen.
Ich habe den „Stammtisch für barrierefreie Kommunikation“ in Leipzig ins Leben gerufen. Er bringt Akteure für Barrierefreiheit zusammen, schafft Synergien und macht sichtbar, wie vielfältig Barrierefreiheit ist. In diesem Netzwerk sind momentan etwa 100 Leute.
Wenn es um Inklusion heute geht, habe ich das Gefühl, dass sich stets mehr Organisationen, die nicht aus dem Bereich Inklusion kommen, für Inklusion interessieren. Ein Beispiel ist der „Kreatives Leipzig e.V.“, der Kreative und Wirtschaft zusammen bringt. Der Verein hatte 2019 seine erste Veranstaltung zum barrierefreien Gestalten.
Meine meisten Auftraggeber sind aber nicht aus Sachsen. Das Geld fehlt hier in Sachsen. Es wird besser, auch dank der Arbeit des Inklusionsnetzwerks Sachsen und vielen anderen kleinen Projekten. Aber es ist auf jeden Fall noch jede Menge zu tun. Für mich persönlich fehlen noch die Vorzeigeprojekte, die zum Beispiel mit staatlichen Einrichtungen zustande kommen. Leichte Sprache muss Mainstream werden.
Für die Leichte Sprache sehe ich viel Potenzial in der visuellen Gestaltung. Darin sehe ich auch meine Mission. Ich möchte, dass Leichte Sprache cool wird. Denn Leichte Sprache ist für alle gut.
Website: http://simonefass.de
Interview geführt am: 05. September 2019
Hallo!
Ich bin Simone Fass aus Leipzig.
Ich bin Illustratorin von Beruf.
Illustratorin bedeutet:
Ich zeichne Bilder, die zu Texten passen.
Ich mache Leichte Bilder für Leichte Sprache.
Ich denke in Bildern.
Zuerst denke ich an ein Bild.
Dann an einen Text.
Ich unterstütze Menschen.
Denn ich gestalte Bilder zu ihren Ideen.
Vor einigen Jahren habe ich zum ersten Mal einen Text in Leichter Sprache gesehen.
Damals dachte ich:
Der Text ist ok.
Aber die Gestaltung ist gar nicht schön.
Das wollte ich ändern.
Dann kam mir die Idee.
Ich wollte die Gestaltung von Texten in Leichter Sprache verbessern.
Mein Stil ist sehr klar und einfach.
Ich kann Dinge gut als Bild darstellen.
Das ist wichtig für Leichte Bilder.
Ich nenne mich Informations–Illustratorin.
Ich schaue, dass Texte übersichtlich sind.
Und schön aussehen.
In meinem Beruf kann ich:
- Informationen gut verständlich machen
- Informationen in Bildern darstellen
- wichtige Informationen deutlich machen
- Texte ordentlich gestalten
Es gibt viele Diskussionen, wie ein Text in Leichter Sprache aussehen soll.
Es gibt 2 Meinungen:
- Alle Texte sollen gleich aussehen:
Das schafft Klarheit für den Leser.
- Man soll Texte an die Text-Art anpassen.
Zum Beispiel:
Eine Trauer–Anzeige soll anders aussehen als ein Zeitungs–Artikel.
Denn im Original sind sie auch verschieden.
Was ich darüber denke:
Wenn man Bilder benutzt.
Dann versteht man Texte besser.
So muss der Text sein:
- einfach
- klar
- gut verständlich
Dann ist er beides:
Schön und sinnvoll.
Ansonsten erfüllt er nicht den Zweck.
Ich finde:
Bilder sind eine sehr große Hilfe für die Leichte Sprache.
Man kann Texte damit verbessern.
Und leichter verständlich machen.
Das ist meine Aufgabe.
Ich möchte, dass Leichte Sprache cool ist.
Denn Leichte Sprache ist für alle gut.
Das Gespräch war am 5. September 2019.
Simone Fass
Kurztext in Gebärdensprache (das Video besitzt keinen Ton und keinen Untertitel):
Simone Fass
Bildbeschreibung und Einsprache des Kurztextes: