Ich heiße André, bin 23 Jahre alt und studiere Gesundheitsmanagement in Zwickau. In meiner Freizeit spiele ich für mein Leben gern Rollstuhlbasketball. Der Unterschied zum Basketball ist ziemlich gering. Das Regelwerk ist im Prinzip gleich. Viele fragen: „Hängt der Korb tiefer?” Nein, der hängt auf der gleichen Höhe. Und tatsächlich dürfen auch gesunde Menschen mitspielen. Dies ist nur auf internationaler Ebene untersagt. Egal ob gesund oder mit Einschränkung, alle Spieler sitzen beim Rollstuhlbasketball im Rollstuhl.
Momentan spiele ich Rollstuhlbasketball in der zweiten Bundesliga. Es gab auch schon eine Zeit, da habe ich in der ersten Bundesliga mitgespielt. Das ist dann schon top. Es gibt natürlich noch die internationale Ebene, die habe ich aber noch nicht erreicht.
Ich habe eine genetische Krankheit, die sich HMSN (Hereditär motorisch-sensorische Neuropathie) schimpft. Die Nerven sind ähnlich wie Stromkabel und haben auch eine Isolierung – die nennt sich Myelinschicht. Das ist ein Eiweiß, welches bei mir von Geburt an fehlgebildet ist. Dadurch kommen die elektrischen Impulse nur verzögert oder gar nicht bei den Muskeln an. Und der Muskel sagt sich: „Ich habe nicht so viel zu tun. Ich baue ab!“ Deswegen habe ich als Folgeerkrankung Muskelschwund. Das betrifft letztlich meine Beine mehr als meinen Oberkörper.
Erst vor fünf Jahren hat man rausgefunden, was ich habe. Die Ärzte haben prognostiziert, dass ich mit 17 Jahren im Elektro-Rollstuhl sitzen werde. Letztendlich habe ich immer gesagt: „Ich setze mir meine Ziele und meine Limits und schaue, was möglich ist.“ Ein Arzt bekommt bloß von außen mit Hilfe von Messgeräten einen Eindruck. Wie ich mich letztendlich fühle, was möglich ist, das kann ich ein Stück weit selber bestimmen.
Mir geht es darum, das Bild der Gesellschaft zu ändern, denn viele kommen nicht in Berührung mit Menschen, die eine Einschränkung haben. Teilweise, weil es extra Schulen für Körperbehinderte gibt und somit schon eine gewisse Trennung vorgenommen wird. Ich finde, man muss der Gesellschaft zeigen, dass wir wie ganz normale Leute sind. Wir beißen nicht, wir sind nicht ansteckend, wir können kommunizieren wie alle anderen auch.
Interview veröffentlicht am: 14. März 2023
Ich heiße Andre, bin 23 Jahre alt und studiere Gesundheitsmanagement in Zwickau. Dort wohne ich auch momentan mit einem Mitbewohner in einer WG. In meiner Freizeit spiele ich für mein Leben gern Rollstuhlbasketball. Das mache ich schon seit ich denken kann, also seit ich fünf Jahre alt war, um genau zu sein.
Ich habe eine genetische Krankheit, die sich HMSN (Hereditär motorisch-sensorische Neuropathie) schimpft. Die Nerven sind ähnlich wie Stromkabel und haben auch eine Isolierung – die nennt sich Myelinschicht. Das ist ein Eiweiß und das ist bei mir von Geburt an fehlgebildet. Dadurch kommen die elektrischen Impulse nur verzögert oder gar nicht bei den Muskeln an. Und der Muskel sagt sich, als würde man nur im Bett liegen: “Ich habe nicht so viel zu tun. Ich baue ab! Denn ich werde nicht so gefordert und muss nicht so groß und kräftig sein. Dann verbrauche ich auch weniger Energie.” Deswegen habe ich als Folgeerkrankung Muskelschwund. Das betrifft letztlich meine Beine mehr als meinen Oberkörper. Woran das liegt, wissen die Ärzte selber nicht.
Erst vor circa fünf Jahren hat man rausgefunden, was ich habe. Vorher war es nicht so richtig klar. Die Prognose der Ärzte war, dass ich mit 16 oder 17 Jahren im Elektrorollstuhl sitzen werde. Letztendlich habe ich immer gesagt: „Ich setze mir meine Ziele und meine Limits und schaue, was möglich ist.“ Ein Arzt hat bloß von außen mit Hilfe von Messgeräten einen Eindruck. Wie ich mich letztendlich fühle, was möglich ist, das kann ich ein Stück weit selber bestimmen.
Ich habe 13 versteifte Wirbel in meinem Rücken, weil ich eine massive Skoliose (Verschiebung der Wirbelsäule) hatte. Meine Rückenmuskulatur war nicht stark genug, um während des Wachstums die Wirbelsäule gerade zu halten. Sie sah auf dem Röntgenbild wie ein „S“ aus. Die Wirbelsäule hatte sich auch noch in sich selbst verdreht. Dadurch wurde mein linkes Schulterblatt etwas nach außen gedrückt. Dies ist bei einer Operation begradigt und fixiert worden. Jetzt ist es so, dass 25 Schrauben und zwei Stäbe aus Titan mein Rücken gerade halten. Das Beugen und Drehen des Oberkörpers funktioniert nur noch über 2 Wirbel Dementsprechend federn auch nur zwei Bandscheiben alles ab. Wenn ich zum Beispiel 20 cm aus der Bahn rausspringen muss, weil die Haltstelle nicht barrierefrei ist, dann ist es natürlich eine Stauchung, die leider dann nur noch auf zwei Bandscheiben wirkt. Wenn man dann ans Alter denkt, wo Bandscheiben ja meistens eh so ein Problem sind, dann schaut man schon, dass man solche Situationen am besten vermeidet.
Wie komme ich eine Bordsteinkante hoch? Es sieht immer wesentlich gefährlicher aus, als es letztendlich ist. Man fährt langsam auf eine Bordsteinkante zu und kippt, durch eine Gewichtsverlagerung und einen kräftigen Zug am Rad, auf die zwei großen Räder. Die kleinen Räder bekommt dadurch auf den Fußweg. Danach verlagert man das Gewicht des Oberkörpers nach vorne und mit dem mitgebrachten Schwung und einen weiteren kräftigen Zug am Rad ist man dann auf dem Fußweg. Dies erfordert insgesamt viel Übung und auch einen gut angepassten Rollstuhl. Deshalb freut man sich immer, wenn beim Straßen- und Fußwegbau an uns gedacht wird.
Ansonsten sind die meisten Probleme lösbar. Ich bin ein Mensch, der nicht auf den Mund gefallen ist. Ich habe viele Situationen, wo ich einfach jemanden anspreche und frage, ob er mir helfen kann. Zum Beispiel wenn Produkte weiter oben im Regal stehen, und ich nicht rankomme. Die meisten Menschen sind auch sehr hilfsbereit.
Am meisten muss ich auf meine Rollstuhlräder achten. Vor allem in der Stadt ist es ein Problem, nicht irgendwo durchzufahren. Es ist wirklich so, du guckst die ganze Zeit auf den Boden. Ein Riesenthema ist beispielsweise Hundekacke. Es ist ekelhaft. Du musst dir vorstellen: Es ist am Rad, es kommt dann leider auch relativ fix an die Hände und in die Wohnung rein. Jeder Fußgänger zieht seine Schuhe aus, bevor er in die Wohnung geht. Was habe ich für eine Wahl? Keine!
Anderes Thema sind die Glasscherben: Es ist Luft in meinen Reifen drin. Wenn du einen Platten hast, ist es nicht unbedingt schön, es lässt sich schwer fahren. Und man macht sich mit so einem platten Schlauch auch unheimlich schnell die Felge kaputt, wenn man dann trotzdem weiterfährt. Beim Rad steigt man ab und schiebt es dann. Da ist die Belastung auf der Felge nicht so groß. Naja, aus dem Rolli aussteigen als Rollifahrer und schieben ist blöd. Normalerweise brauchst du ein Sanitätshaus, wo auch ein Techniker da ist. Ich mache es mittlerweile so, dass ich einfach in einen Fahrradladen gehe und mir dort einen neuen Schlauch hole. Das geht wesentlich schneller. Irgendwie muss man sich dann auch selber zu helfen wissen. Das habe ich sehr zeitig gelernt.
Der Rollstuhl ist ein sehr teures Hilfsmittel und die Räder an meinem Rollstuhl haben 900 Euro gekostet. Die Kasse hat sie nicht bewilligt. Eigentlich waren „Standard-Räder“ drauf. Ich wollte aber andere Räder, weil ich jahrelang mit dem Rolli rumfahre. Die Räder die ich jetzt habe, sind leichter und lassen sich dadurch besser anschieben. Des Weiteren sehen sie auch schöner aus. Mir war es das einfach wert etwas zuzuzahlen. Der Rollstuhl ist ja eigentlich fast wie ein Kleidungsstück, mit dem du tagtäglich rumfährst.
Als Kind bin ich bis zur 7./8. Klasse auch zu Hause noch gelaufen. Zu meinen Höchstzeiten habe ich anderthalb Kilometer geschafft. Mittlerweile ist es so: Ich kann mal so drei bis vier Schritte machen, wenn ich etwas zum Festhalten habe. In der Küche stehe ich, wenn ich zum Beispiel koche, weil ich dann die Arbeitsplatte habe, wo ich mich abstützen kann.
Die Küche wird dann später, wenn ich aus der WG raus bin und eine eigene Wohnung habe, auf jeden Fall ein Thema: Die Arbeitsplatte muss dann unterfahrbar sein und muss auch ein bisschen tiefer sein, damit ich entspannt im Sitzen schneiden kann.
Normalerweise frage ich die Menschen, die von mir wissen wollen, wie viel mein Rollstuhl kostet: „Was denkst du denn?“ Dann kommen teilweise Antworten, wo manche denken mit 500 € ist es getan, oder auch: “Kostet so viel wie ein Fahrrad.” Ich sage dann: “Ja Leute, da liegt ihr weit daneben!” Manche haben auch überraschenderweise so einen Glückstreffer und sind dann schon im Tausenderbereich. Und ja tatsächlich der Stuhl, der hier steht, der hat circa 7000 € gekostet. Dafür könnte man sich einen Kleinwagen oder zumindest ein Gebrauchtwagen holen. Das ist immens. Ich frag mich dann immer: Klar, es ist ein Hilfsmittel. Es macht meinen Alltag eigentlich erstmal möglich, aber wenn man sich letztendlich das Material anguckt, ist es meiner Meinung nach nicht ganz gerechtfertigt.
Es gibt natürlich eine Förderung für den Rollstuhl. Beziehungsweise wird es eigentlich komplett übernommen. Aber man muss sich als behinderter Mensch oftmals mit den Kassen rumstreiten. Die Versorgung, die einem teilweise angeboten wird, ist eine Versorgung, bei der ich mir denke: Ja, kurzfristig vielleicht 2000 € gespart, aber die Lebensqualität des Menschen leidet oftmals massiv darunter, weil es einfach nicht das Optimale ist und dann einige Sachen nicht möglich sind. Es existieren auch Beispiel bei denen es zu einer leichten gesundheitlichen Schädigung gekommen ist, da man sparen will. Und am Ende kommen dann teurere Behandlungskosten auf die Krankenkassen zu.
Ich habe schon in Reha-Einrichtungen Sachen gesehen, wo manche einen – ich will es mal in Anführungsstrichen sagen – “Rollstuhl” hatten, wo ich einfach nur mit dem Kopf geschüttelt habe. Wo so ein Stuhl dann schon 20 bis 25 Kilogramm wiegt, was einfach ein immenses Gewicht ist, wenn man das noch zusätzlich bewegen muss.
Ich habe mir jetzt einen neuen Sportrollstuhl geleistet, weil Rollstuhlbasketball schon mehr als ein Hobby ist. Ich mache das schon recht professionell. Zudem ist der Sport für meine körperliche Fitness und Gesundheit essentiell. Der Sportrollstuhl hat 7500 € gekostet. Der Rolli, den ich davor hatte, der hat 5000 € gekostet. Es wird tatsächlich teurer. Man muss es einfach so sagen. Allerdings findet auch eine Entwicklung in Versorgung statt. Wenn ich früher an meine Rollstühle denke, die ich als Kind hatte: Das waren riesige ‚Klopper‘. Mittlerweile gibt es wirklich schöne Rollstühle. Es machen sich Menschen wirklich einen Kopf. Am Ende ist es immer der Streit mit der Krankenkasse, ob und wie es genehmigt wird.
Momentan spiele ich Rollstuhlbasketball in der zweiten Bundesliga. Es gab auch schon eine Zeit, da habe ich in der ersten Bundesliga mitgespielt. Das ist dann schon top. Es gibt natürlich noch die internationale Ebene, das habe ich aber noch nicht erreicht.
Der Unterschied zum Basketball ist tatsächlich ziemlich gering: Das Regelwerk ist gleich – Spielfeldgröße, Spielzeit, Korbhöhe und so weiter. Viele fragen: “Hängt der Korb irgendwie tiefer?” Nein, der hängt auf der gleichen Höhe. Doppel-Dribblings gibt es nicht. Und die Regeln was man mit dem Rollstuhl machen darf und wie man jemand verteidigt, ist ein weiterer Unterschied. Tatsächlich dürfen auch gesunde Menschen mitspielen. Dies ist nur auf internationaler Ebene untersagt. Die Gesunden oder nur minimal Eingeschränkten können körperlich mehr leisten auch wenn sie im Rollstuhl sitzen. Deshalb gibt es ein Klassifizierungssystem. Es ist letztendlich so, dass die Spieler klassifiziert werden, je nachdem wie stark eingeschränkt sie sind. Es geht von einem Punkt bis viereinhalb Punkte in 0,5er Schritten. Einen Punkt bekommen die Leute, die massiv eingeschränkt sind. Ich bin zum Beispiel auch ein Ein-Punkte-Spieler. Das typische Beispiel ist ein Querschnittsgelähmter, der irgendwo im Brustwirbelsäulenbereich seinen Querschnitt hat. Dann gibt es Spieler, die ein amputiertes Bein unterhalb vom Knie haben, die haben noch ihren kompletten Oberschenkel, und dadurch wirklich noch volle Rumpfstabilität. Das sind dann zum Beispiel Spieler mit viereinhalb Punkten. Und die fünf Spieler aus einem Team dürfen insgesamt nur 14,5 Punkte aufs Feld bringen, so dass gewährleistet ist, dass auch die stark Eingeschränkten spielen.
Aber du brauchst auch ein Stück weit die Spieler, die körperlich mehr leisten können. Das macht einfach den Sport schneller und auch ein bisschen ansehnlicher. Dementsprechend sind auch nach der Klassifizierung, die Aufgaben im Spiel ein bisschen verteilt. Ich bin zum Beispiel nicht der, der groß die Punkte macht oder dafür verantwortlich ist. Bei mir ist es wirklich so, dass ich die ganze Zeit, ich sage immer, die Drecksarbeit mache. Jemand, der sich nicht mit Rollstuhlbasketball auskennt, der sieht nicht die Arbeit, die ich mache. Ich stelle immer viele Blöcke und Pics, damit mein Center, der hauptsächlich Punkte machen soll, so nah wie möglich an den Korb kommt.
Es gibt übrigens keine extra Liga für Frauen und Männer, erst ab der Nationalmannschaft wird getrennt. Sonst spielen tatsächlich Männer und Frauen zusammen in einer Liga. Das wird dann so gehandhabt: Normalerweise sind Frauen den Männern gegenüber physisch im Nachteil – gerade bei der Muskulatur. Deshalb werden die Frauen auch ganz normal wie wir klassifiziert, aber letztendlich werden 1,5 Punkte von ihrer normalen Klassifizierung abgezogen.
Egal ob gesund oder mit Einschränkung, alle Spieler sitzen beim Rollstuhlbasketball im Rollstuhl. Es würde anders gar nicht möglich sein. Schon rein aus verletzungstechnischen Gründen müssen alle sitzen. Die Gesunden, die sitzen meistens ein ganzes Stück höher, haben eine viel niedrigere Rückenlehne und größere Räder. Die körperlich stärker eingeschränkten Spieler sitzen niedriger im Stuhl und haben eine höhere Rückenlehne. Das hilft dabei stabiler im Rollstuhl zu sitzen
Die meisten Zuschauer sind immer wieder erstaunt, wie schnell das Spiel dann tatsächlich ist. Und dann sind sie auch immer erstaunt, dass der Korb auf der gleichen Höhe hängt und man nicht wie im Läuferbasketball den Vorteil hat, dass man hochspringen kann. Man hat nur die Arme zum Wurf. Dementsprechend kostet natürlich das Werfen viel mehr Kraft. Ein Kumpel von mir feiert es immer total, wenn ein Spieler einen Dreier geworfen hat. Er hätte es nicht erwartet, dass da Dreier geworfen werden. Ein Dreipunktwurf erfolgt wirklich von einer weiten Distanz. Ich glaube, irgendwas um die sechs Meter. Genau kenne ich mich da aber nicht aus.
Der Sport hat sich in den letzten Jahren krass weiterentwickelt. Früher war es eine Besonderheit, wenn in einem Spiel drei bis vier Dreier geworfen wurden. Mittlerweile gibt es Spieler, die eine Treffsicherheit von ungefähr 50 % von der Dreierlinie haben und im Spiel sechs bis sieben Mal treffen. Das ist schon sehr beeindruckend zu sehen. Generell ist der Sport schneller und physischer geworden.
Auf dem Spielfeld erreichen manche Spieler sicherlich 25 Stundenkilometer im Vollsprint. Und man fällt auch gelegentlich mit dem Rollstuhl um. Leute erschrecken dann schon mal, wenn jemand mit dem Stuhl umkippt. Dabei kann man nicht aus dem Rollstuhl fallen, weil man angegurtet ist.
Gerade die Leute, die im Klassifizierungssystem bis zu zwei Punkte haben, schaffen es auch mit dem Rollstuhl selber wieder aufzustehen. Bei manchen dauert es gefühlt nur zwei Sekunden – da sind sie wieder auf allen Rädern und fahren weiter.
Beim Sportrollstuhl stehen die Räder viel schräger als beim normalen Alltags-Rolli. Beim Alltags-Rolli sind die Räder ein bis zwei Grad geneigt. Beim Sport-Rollstuhl ist es tatsächlich so, dass es unterschiedlichste Neigungen gibt. 14 Grad Neigung der Räder ist eigentlich schon Standard. Manche haben dann bestimmt auch an die 20 Grad Neigung der Räder. Das ist ein Unterschied, der letztendlich dafür sorgt, dass der Rollstuhl viel wendiger ist. Also so einen Sportrollstuhl, den kann ich mit einer kleinen Hüftbewegung oder mit einer Gewichtsverlagerung in eine andere Richtung fahren lassen. Man ist einfach mobiler dadurch. Ein weiterer Unterschied ist, dass man Stützräder hat. Viele Leute haben auch ein Stützrad am normalen Rollstuhl, aber ich sag mal so: Der aktive Rollstuhlfahrer, der hat hinten kein Stützrad, weil es beim Bordsteinkanten runter- und hochfahren stört. Man würde jedes Mal daran hängen bleiben. Beim Sportrollstuhl brauchst du den Kippschutz aber. Weil du wirklich maximale Bodenhaftung brauchst. Mit den Sportrollstuhl kann man eigentlich auch nicht draußen rumfahren. Sobald es etwas uneben ist, ist ein großes Rad in der Luft, weil die kleinen Räder sozusagen alle auf dem Boden liegen. Also das ist dann wirklich für den Hallenbedarf gemacht.
Beim Sportrollstuhl habe ich zwei bis drei Gurte dran, damit man wirklich wie festgeschweißt drinsitzt. Da ist auch links und rechts keine Luft zu den Seitenteilen, Je fester und „angegossener“ man im Stuhl sitzt, desto mehr bist du eins mit dem Stuhl. Du fühlst ihn dann einfach mehr und kannst entsprechend auch viel besser den Stuhl handhaben. Vorne, wo das Fußbrett ist, befindet sich ein gebogenes Rohr, das sozusagen von der einen Seite des Rades einmal vorne im Halbkreis zur anderen Seite des Rades geht. Es ist primär ein Schutz für den Stuhl, denn es geht schon teilweise rabiat zu.
RB Zwickau heißt der Verein, bei dem ich spiele. Von den Spielen gibt es übrigens auch Livestreams. Die erste und zweite Bundesliga haben alle einen Livestream. Unserer läuft immer auf YouTube. Also, wenn man nicht die Zeit findet in die Halle zu gehen, sollte man sich wenigstens auf dem Bildschirm ein Spiel anschauen.
Die Finanzierung eines Sportrollstuhls ist sehr schwer. Wir hatten es damals probiert, aber da war es keine Kassenleistung. Es ist eine Grauzone. Meinen ersten Sportrollstuhl habe ich damals über Stiftungen finanziert bekommen. Denn 5000 Euro ist jetzt nicht unbedingt eine Summe, die jeder auf der hohen Kante hat. Vor allem für ein Hobby oder für den Sport, den du brauchst, um dich irgendwie körperlich fit zu halten. Manche haben auch eine Zusatzförderung bekommen. Aber dass ich von jemandem gehört habe, der problemlos einfach einen Sportrollstuhl bezahlt bekommen hat, ist sehr selten! Das Ironische daran ist ja, dass man den Rollstuhlbasketball als Rehasport abrechnen kann. Ich kann mir also vom Arzt ein Rezept holen, um Rehasport zu betreiben, aber das dazu notwendige Gerät wird nicht bezahlt.
Meine Eltern haben nie ein Blatt vor den Mund genommen und haben schon immer gesagt: “Das ist eine Krankheit, die auch fortschreitet.“ Als Kind konnte ich ja noch laufen. Sie haben mir auch schon immer als Kind knallhart gesagt: “Du, es wird irgendwann so sein, dass du mal komplett im Rollstuhl sitzt.” Aber das war gut. Ich bin damit aufgewachsen. Ich weiß, was sozusagen auf mich zukommen könnte. Ich sitze im Rollstuhl, ich habe Einschränkungen. Das ist einfach ein Fakt. Letztendlich sehe ich aber nicht unbedingt die Einschränkung. Es ist eine Herausforderung und man muss einfach einen Weg damit finden, seinen Alltag, sein Leben trotz dieser Herausforderung zu bestreiten. Es ist vielleicht eine größere Last als bei anderen, aber jeder hat irgendwo eine Herausforderung zu meistern. Letztendlich muss man sich mit seiner Situation arrangieren und damit klarkommen. Das ist das Wichtigste und das haben mir meine Eltern von klein auf wirklich sehr gut beigebracht.
Ich sage zum Beispiel auch: “Ich laufe durch die Stadt”. Letztendlich mach ich das, weil ich einfach als Mensch gesehen werden will. Klar, die Behinderung spielt immer eine Rolle im Leben, aber die soll nicht in den Vordergrund rücken. Deswegen sage ich auch einfach “laufen”, weil es für mich die normale Fortbewegung ist.
Für mich ist es allgemein wichtiger zu sehen, was ich habe und was ich kann – nicht was ich nicht habe und nicht kann. Es gibt Menschen auf der Welt, die haben viel weniger. Da bin ich vielleicht körperlich ‚beschissen‘ dran, aber dafür geht es mir einfach sonst gut.
Mir geht es einfach darum, ein bisschen dieses Bild der Gesellschaft abzuändern. Denn viele kommen ja nicht in Berührung mit Menschen mit einer Einschränkung. Teilweise weil es extra Schulen für Körperbehinderte gibt und somit schon eine gewisse Trennung vorgenommen wird. Ich finde, man muss ihnen einfach zeigen, dass wir wie ganz normale Leute sind. So unterschiedlich sind wir nicht. Ich will unserer Gesellschaft zeigen: „Wir sind nicht so viel anders. Wir beißen nicht, wir sind nicht ansteckend, wir können kommunizieren, wie alle anderen auch. Das passt schon mit uns.”
Über die Frage, ob ich meine Behinderung als Stärke, Schwäche oder Besonderheit sehe, habe ich lange nachgedacht und ich kam nicht direkt auf eine Antwort. Klar, rein körperlich ist es eine Schwäche. Da muss man sich nicht selber belügen. Aber irgendwo ist es auch eine Stärke, ganz klar. Ich habe auch schon manchmal den Gedanken gehabt: Wie wäre ich charakterlich, wenn ich ein gesunder Mensch gewesen wäre? Das hat ja so einen massiven Einfluss. Wie würde ich die Welt sehen? Das ist krass. Wenn ich mich mit meinen Freunden darüber unterhalte und die dann erzählen: “Ich mache dies und das. Mir geht’s nicht gut und so weiter.” Dann sage ich: „Hey, hör schon jetzt in den jungen Jahren auf deinen Körper, wenn du Probleme hast. Mach mal ein bisschen langsam, dir rennt die Zeit nicht weg. Hör auf dich selber. Nimm dir Zeit für die wichtigen Dinge.“
Das ist auch ein bisschen mein Motto. Ich lebe im Hier und Jetzt und der Moment zählt. Die kleinen Dinge genießen ist viel wichtiger. Denn es kann letztendlich auch sehr schnell durch irgendwelche unvorhergesehenen Sachen vorbei sein. Oder das Geplante ist nicht mehr möglich.
Ich habe mich eigentlich erst bei der Bundeswehr beworben. Das hat aber nicht geklappt. Dort wollte ich in den Verwaltungsdienst. Dann habe ich bei mir in der Nähe geschaut, was noch möglich ist. Ich wollte in der Nähe meines Basketballvereins bleiben. Denn das Spielen ist sehr wichtig für meine Gesundheit. Ich habe dann entdeckt, dass man in Zwickau Gesundheitsmanagement studieren kann. Nachdem ich mir durchgelesen hatte, was man später perspektivisch damit machen kann, dachte ich: Das ist mein Ding. Mein Plan ist es, später in einer Krankenkasse zu arbeiten. Und dann am besten in der Hilfsmittelabteilung.
Ich möchte, dass die Hilfsmittelbewilligung langfristig gedacht wird. Ein billiger Rollstuhl ist oft nur kurzfristig günstiger. Langfristig gesehen können dadurch oftmals enorme Mehrkosten entstehen, weil zum Beispiel die Sitzposition nicht optimal ist. Man hat dann Druckstellen. Die können sich öffnen. Dann ist man deshalb für ein paar Wochen im Krankenhaus und liegt nur im Bett, muss auch gepflegt werden, muss am Ende operiert werden. Es tut mir oftmals so weh, weil viele Menschen eine andere Lebensqualität haben könnten.
Deshalb will ich als Sachbearbeiter sozusagen von unten anfangen, um vor allem zu lernen, wie es bei einer Krankenkasse ist. Später könnte ich mir vorstellen, vielleicht ein Team zu leiten. Damit ich Menschen, die auch eine Behinderung haben, ein bisschen mehr unterstützen kann.
Hallo!
Ich bin André, 23 Jahre alt.
Ich studiere Gesundheits-Management in Zwickau.
In meiner Freizeit spiele ich Roll-Stuhl-Basketball.
Das ist meine große Leidenschaft!
Die Regeln sind wie beim Basketball.
Viele fragen:
Hängt der Korb tiefer?
Die Antwort ist:
Nein, der hängt auf der gleichen Höhe.
Bei uns dürfen auch gesunde Menschen mitspielen.
Egal ob gesund oder mit Einschränkung:
Alle Spieler sitzen beim Roll-Stuhl-Basketball im Roll-Stuhl.
Momentan spiele ich Roll-Stuhl-Basketball in der zweiten Bundes-Liga.
Ich war auch schon in der ersten Bundes-Liga.
Das war top.
Es gibt auch Wettbewerbe zwischen verschiedenen Ländern der Welt.
Aber so weit bin ich noch nicht gekommen.
Ich habe eine Erb-Krankheit.
Die Krankheit heißt HMSN.
Das ist die Abkürzung für Hereditär motorisch-sensorische Neuropathie.
Bei der Krankheit ist es so:
Die Empfehle vom Gehirn kommen verzögert bei den Muskeln an.
Oder gar nicht.
Und der Muskel denkt sich:
Ich habe nicht so viel zu tun.
Ich baue ab!
Deshalb werden meine Muskeln immer schwächer.
Das betrifft meine Beine mehr als meinen Ober-Körper.
Erst vor 5 Jahren haben Ärzte herausgefunden, was ich habe.
Die Ärzte haben gesagt:
Mit 17 Jahren wirst du im Elektro-Roll-Stuhl sitzen.
Ich denke:
Ich setze mir meine Ziele.
Und dann schaue ich, was möglich ist.
Ärzte können nur mit Hilfe von Mess-Geräten feststellen, wie es mir geht.
Ich kann zum Teil bestimmen, wie ich mich fühle.
Ich wünsche mir:
Mehr Menschen sollen Kontakt zu Menschen mit Einschränkung haben.
Wir müssen der Gesellschaft zeigen, dass wir ganz normale Leute sind.
Wir beißen nicht.
Wir sind nicht ansteckend.
Wir wollen uns austauschen wie alle anderen auch.
Gespräch war im März 2023
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André
Kurztext in Gebärdensprache (das Video besitzt keinen Ton und keinen Untertitel):