Portrait von Jeanette

Jeanette

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Portrait von Jeanette

Jeanette aus Dresden

    Jeanette

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    Ausbildung/Arbeitsrecht
    Gehörlosigkeit
    Taubheit
    Zweitausbildung für Gehörlose nicht möglich

    Es ist nicht gerecht, dass man als Gehörloser nach der ersten Ausbildung niemals eine andere Ausbildung machen kann.

    Wenn ich keine Gebärdendolmetscher bezahlt bekomme, kann ich die berufsbegleitende Ausbildung nicht machen.

    Inklusion ist im Moment ein Traumzustand.

    Dass ich den Beruf, den ich gern ausüben möchte, erlernen darf, das wäre für mich Inklusion.

      Ich bin seit meiner Geburt gehörlos, weil meine Mutter in der Schwangerschaft an Röteln erkrankte. Mein Mann ist auch gehörlos. Wir haben zwei Kinder, beide sind hörend. Meine Kinder wachsen zweisprachig auf. Seit 2015 arbeite ich im Förderzentrum für Hörgeschädigte als pädagogische Mitarbeiterin. Momentan darf ich aber als pädagogische Mitarbeiterin nicht selbstständig arbeiten. Ich bin immer darauf angewiesen, dass eine Fachkraft da ist.

      Mein ursprünglicher Beruf ist Zahntechnikerin. In diesem Beruf habe ich auch 15 Jahre gearbeitet. Aber eigentlich passte der Beruf überhaupt nicht zu mir. Ich möchte viel lieber mit Menschen zusammenarbeiten, mit Kindern und insbesondere auch mit gehörlosen Kindern, damit sie für die Zukunft auch bessere Bildungschancen haben. Für mich ist es wichtig zu erzählen, dass ich seit über acht Jahren mit Hilfe eines Rechtsanwaltes darum kämpfe, dass ich die Dolmetscherkosten für eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin bezahlt bekomme. Bei der Erstausbildung werden die Dolmetscherkosten übernommen. Bei mir wäre es aber die zweite Ausbildung. Das ist das Riesenproblem.

      Es ist nicht gerecht, dass man nach der ersten Ausbildung niemals eine andere Ausbildung machen kann. Man sollte sich umorientieren können, wie alle anderen auch. So steht es aber nicht im deutschen Gesetz. Wenn ich aber keine Gebärdendolmetscher bezahlt bekomme, kann ich die berufsbegleitende Ausbildung nicht machen. Ich kann nicht wie Hörende dasitzen und das Wissen aufnehmen.

      Ich möchte nicht stehenbleiben, ich will den Beruf der Zahntechnikerin nicht mehr ausüben. Es ist das gleiche wie bei Hörenden. Sie können ja auch ihren Beruf wechseln. Sie müssen nicht den ersten Beruf, den sie gelernt haben, für immer ausüben. Und ich soll in dem Beruf, den ich vor mehr als 15 Jahren gelernt habe, für immer bleiben?

      Die UN-Behindertenrechtskonvention sagt ja eigentlich: Lebenslanges Lernen! Na bitte. Ich will mein Leben lang lernen, aber ich werde permanent blockiert. Das kriege ich einfach nicht in meinen Kopf rein.

      Inklusion ist im Moment ein Traumzustand. Darüber wird nur geredet. Das Machen gestaltet sich schwierig. Dass ich den Beruf, den ich gern ausüben möchte, erlernen darf, das wäre für mich Inklusion.

      Interview geführt am: 24. Februar 2020

      Hallo!

      Ich bin Jeanette.

      Seit meiner Geburt bin ich gehörlos.

      Denn meine Mutter hatte in der Schwangerschaft Röteln.

      Mein Mann ist auch gehörlos.

      Wir haben 2 Kinder.

      Beide können hören.

      Meine Kinder wachsen mit 2 Sprachen auf:

      • Deutsch
      • Gebärden-Sprache

      Seit dem Jahr 2015 arbeite ich im Förder-Zentrum für Hör-Geschädigte.

      Ich arbeite dort als Erzieherin.

      Aber ich darf nicht selbst-ständig als Erzieherin arbeiten.

      Immer ist eine ausgebildete Erzieherin dabei.

      Denn ich habe leider keine Ausbildung als Erzieherin.

      Das kam so:

      Ich bin eigentlich Zahn-Technikerin.

      Ich habe nach der Schule eine Ausbildung zur Zahn-Technikerin gemacht.

      Und danach habe ich 15 Jahre in dem Beruf gearbeitet.

      Aber der Beruf passt nicht zu mir.

      Ich will viel lieber mit Menschen zusammen-arbeiten.

      Am liebsten mit gehörlosen Kindern.

      Ich möchte ihnen etwas mitgeben für die Zukunft.

      So dass sie eine gute Ausbildung machen können.

      Deshalb möchte ich eine richtige Erzieherin werden.

      Ich möchte eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin machen.

      Das Problem:

      Ich bekomme die Kosten für den Gebärden-Sprachen-Dolmetscher nicht bezahlt.

      Ohne den Dolmetscher kann ich die Ausbildung aber nicht machen.

      Die Kosten werden leider nur für 1 Ausbildung übernommen.

      Und ich habe ja schon die Ausbildung zur Zahn-Technikerin gemacht.

      Seit 8 Jahren kämpfe ich für meine Ausbildung zur Erzieherin.

      Ein Anwalt unterstützt mich dabei.

      Ich finde:

      Es ist nicht gerecht, dass ich nur 1 Ausbildung machen kann.

      Und keine anderen Ausbildungen.

      Menschen ohne Hör-Behinderung können auch andere Ausbildungen machen.

      Sie müssen nicht den ersten Beruf für immer ausüben.

      In der UN-Behinderten-Rechts-Konvention steht:

      Lebens-langes Lernen!

      Ich will ja mein Leben lang lernen.

      Aber ich werde ständig blockiert.

      Das verstehe ich einfach nicht.

      Was ich über Inklusion denke?

      Über Inklusion wird nur geredet.

      Das Machen ist schwierig.

      Inklusion ist für mich:

      Dass ich meinen Traum-Beruf erlernen darf.

      Das Gespräch war am 24. Februar 2020.

      Jeanette

      Kurztext in Gebärdensprache (das Video besitzt keinen Ton und keinen Untertitel):

      Jeanette

      Bildbeschreibung und Einsprache des Kurztextes:

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      Portrait - Jeanette aus Dresden
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