Portrait von Stephan Klose

Stephan Klose

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Portrait von Stephan Klose

Stephan Klose aus Chemnitz

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Stephan Klose mit Screen-Reader und Braille-Zeile

    Stephan Klose

    Stichworte

    Alle Portraits
    Blindheit
    Gesetzliche Vorschriften
    Individuelle Betreuung
    Spezialschulen vs. „Normale“ Schulen
    Teilhabe durch Technik

    Zum Thema Inklusion habe ich ein gespaltenes Verhältnis.

    Inklusion muss auch in beide Richtungen funktionieren.

    Ich finde, es wird Inklusion von Leuten gefordert, die überhaupt nicht wissen, was damit verbunden ist.

      Ich arbeite für die „SFZ Förderzentrum gGmbH“ in Chemnitz in der dort ansässigen Berufsschule als offizieller Mediengestalter. Das bedeutet in meinem Fall, dass ich aufgrund meiner Behinderung - ich bin seit meiner Geburt blind - die ganze Gestaltung der Lehrmaterialien für unsere blinden Schüler übernehme. Die Aufgaben, die unsere Lehrer den Schülern geben wollen, übersetze ich von digitaler Normal-Schrift in digitale Braille-Schrift.

      Zum Thema Inklusion habe ich ein gespaltenes Verhältnis. Das klingt zwar alles wunderbar, aber gerade im Bildungsbereich ist es schwierig. Ich finde, es wird Inklusion von Leuten gefordert, die überhaupt nicht wissen, was damit verbunden ist. Es ist ja schön, dass sich Eltern behinderter Kinder hinstellen und sagen: Mein Kind muss an eine normale Schule. Sie wissen aber nicht, was es für das Kind bedeutet. Was bedeutet es tatsächlich für mich als Behinderter, unter normalen Kindern zu sein? Die Eltern denken oft, sie tun ihrem Kind etwas Gutes. Aber das muss man ganz individuell betrachten. Man kann nicht einfach generell fordern: Wir müssen jetzt alle inklusiv beschulen. Das ist falsch aus meiner ganz persönlichen Sicht. Inklusion muss auch in beide Richtungen funktionieren. Es heißt ja nicht nur, dass ich den Behinderten inkludieren will, muss, oder kann. Auch die anderen Leute müssen mit dieser Behinderung zurechtkommen.

      Ich komme von verschiedenen Einrichtungen. Die Grundschule war eine Spezialeinrichtung und mein Abitur habe ich an einer Spezialeinrichtung in Königs Wusterhausen gemacht. Dieses ganze Wissen der Leute, die dort vor Ort sind, geht doch mit Inklusion absolut verloren. Da kommen dann Einzelfallhelfer mit einer sozialpädagogischen Ausbildung, die denken, sie können Blinde und Sehbehinderte gut betreuen. Sie haben aber nicht das ganze Spezial- und Fachwissen dazu.

      Es wäre schön, wenn man zukünftig nicht mehr um ganz normale Rechte kämpfen müsste. Es sollte gesetzlich verbindlich sein, dass vorhandene Technik auch genutzt werden muss, wie zum Beispiel die Audiodeskription bei Filmen. Ein Buch sollte immer auch als eBook ohne Barriere verfügbar sein. Es gibt häufig eBooks, die für mich aber nicht lesbar sind. Da fehlt es auch gesellschaftlich noch. Man macht etwas nicht nur, weil es gesetzlich verlangt wird, sondern man tut der Gesellschaft etwas Gutes.

      Interview geführt am: 14. März 2019

      Hallo!

      Ich bin Stephan Klose aus Chemnitz.

      Ich arbeite als Medien-Gestalter.

      Und zwar in der Berufs-Schule.

      Genauer gesagt im Förder-Zentrum Chemnitz.

      Ich kümmere mich um die Lehr-Materialien für unsere blinden Schüler.

      Ich bin selbst seit meiner Geburt blind.

      Meine Aufgabe als Medien-Gestalter:

      Ich übersetze Texte in digitale Blinden-Schrift.

      So können auch blinde Schülerinnen und Schüler die Texte lesen.

      Was ich über Inklusion denke?

      Inklusion klingt zwar wunderbar.

      Aber gerade im Bildungs-Bereich ist Inklusion schwierig.

      Viele Leute sind mit Inklusion überfordert.

      Sie wissen nicht, was damit verbunden ist.

      Zum Beispiel:

      Eltern von einem behinderten Kind sagen:

      Mein Kind muss an eine normale Schule.

      Die Eltern wissen aber nicht, was das für das Kind bedeutet.

      Wie geht es dem behinderten Kind unter nicht-behinderten Kindern?

      Die Eltern denken:

      Das ist gut für mein behindertes Kind.

      Aber das stimmt nicht immer.

      An Inklusion sind viele Menschen beteiligt:

      • die betroffenen Kinder selbst
      • die anderen Kinder
      • die Eltern
      • die Lehrerinnen und Lehrer

      Ich habe verschiedene Schulen besucht.

      Die Grund-Schule war eine Spezial-Einrichtung.

      Und auch das Gymnasium.

      Dort habe ich Abitur gemacht.

      Die Leute dort hatten ganz viel Wissen.

      Sie haben uns blinde Schüler sehr gut unterstützt.

      Mit der Inklusion geht sowas verloren.

      Da kommen dann Sozial-Pädagogen.

      Und wollen Blinden helfen.

      Sie haben aber nicht das Wissen dazu.

      Was ich mir für die Zukunft wünsche?

      Dass wir nicht mehr um ganz normale Rechte kämpfen müssen.

      Es sollte Gesetze geben:

      Vorhandene Technik soll auch genutzt werden.

      Zum Beispiel Audio-Beschreibungen bei Filmen.

      Ein Buch sollte es auch immer als E-Book geben.

      Und die E-Books sollen auch wirklich barriere-frei sein.

      Denn manche E-Books kann ich trotzdem nicht lesen.

      Auch die Gesellschaft muss ihre Einstellung ändern.

      Oft ist es so:

      Wenn Barriere-Freiheit gesetzlich vorgeschrieben ist:

      Dann gibt es Barriere-Freiheit.

      Aber Barriere-Freiheit soll nicht nur eine Pflicht sein.

      Man tut ja damit anderen etwas Gutes.

      Das Gespräch war am 14. März 2019.

      Stephan Klose

      Kurztext in Gebärdensprache (das Video besitzt keinen Ton und keinen Untertitel):

      Stephan Klose

      Bildbeschreibung und Einsprache des Kurztextes:

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