Portrait von Sindy Christoph

Sindy Christoph

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Portrait von Sindy Christoph

Sindy Christoph aus der Oberlausitz

    Sindy Christoph

    Stichworte

    Alle Portraits
    Chancen schaffen
    Gebärdensprache als Muttersprache
    Gehörlosigkeit
    Hörschädigung

    Die Grammatik der Gebärdensprache ist eine ganz andere, als die der gesprochenen Sprache. Deshalb reichen Texte in deutscher Sprache nicht aus, um für alle gehörlosen Menschen nutzbar zu sein.

    Ärzte sind immer noch sehr fixiert auf den Höransatz, anstatt auf den Sprachansatz. Sprache muss nicht immer etwas mit Hören zu tun haben.

    Ich sehe das so: Viele gehörlose Menschen, aber auch andere Menschen mit Einschränkungen, haben in ihrem Leben zu wenig Chancen bekommen. Sie könnten viel mehr.

      Ich bin Gebärdendolmetscherin. Ich habe in Zwickau das Gebärdensprachdolmetscher-Studium absolviert. 2010 haben wir das Netzwerk für Gebärdensprachdienstleistungen „vigevo“ gegründet und später den Geschäftszweig „Scouts - Gebärdensprache für Alle“.

      Viele gehörlose Menschen, aber auch andere Menschen mit Einschränkungen, haben in ihrem Leben zu wenig Chancen bekommen. Sie könnten viel mehr. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass die Chancen schon frühzeitig erkannt werden. Wir bieten zum Beispiel Frühförderung für gehörlose Kinder und Gebärdensprachkurse für die zumeist hörenden Eltern an. Aktuell ist es so, dass man oft viel zu spät zu uns Kontakt aufnimmt. Gerade Kinder in der Vorschulzeit werden an uns verwiesen, weil erst dann festgestellt wird, dass es Probleme in der Interaktion und Kommunikation gibt. Dort müsste viel früher mit der Gebärdensprache begonnen werden. Es gibt Eltern, die sich sehr früh für ein Cochlea-Implantat entscheiden. Darüber möchte ich nicht urteilen, dazu gibt es viele kontroverse Diskussionen. Aber für mich ist es wichtig, den parallelen Ansatz zu wählen und die Gebärdensprache ebenfalls zu lernen, denn das ist die Basis-Sprache für Menschen mit hochgradigem Hörverlust. Auch die Eltern sollten Gebärdensprache erlernen, denn nur dann haben die Kinder echte Chancen.

      Ärzte sind immer noch sehr fixiert auf den Höransatz anstatt auf den Sprachansatz. Aber Sprache muss nicht immer etwas mit Hören zu tun haben. Die wenigsten Mediziner sagen: Kümmern sie sich doch parallel auch noch um die Gebärdensprache, das hilft ihrem Kind.

      Die Grammatik der Gebärdensprache ist eine ganz andere als die der gesprochenen Sprache. Deshalb reichen Texte in deutscher Sprache nicht aus, um für alle gehörlosen Menschen nutzbar zu sein. Zudem kommt es natürlich auch auf die Schulbildung und Sozialisation der gehörlosen Person an. Haben sie einen sehr guten Wortschatz, dann funktioniert das ganz gut. Diese Menschen können dann meistens auch ganz gut von den Lippen ablesen. Viele denken, dass von den Lippen ablesen gar kein Problem ist. Man kann jedoch nur 30 Prozent von den Lippen ablesen und zudem setzt es eine gute Deutschkompetenz des ‚Lesenden‘ voraus.

      Interview geführt am: 16. Juli 2020

      Hallo!

      Ich bin Sindy Christoph aus der Oberlausitz.

      Ich bin Gebärden-Dolmetscherin.

      Dolmetscher übersetzen Gespräche.

      Ich übersetze von der Gebärden-Sprache ins gesprochene Deutsch.

      Und vom gesprochenen Deutsch in die Gebärden-Sprache.

      Ich habe in Zwickau studiert.

      2010 habe ich vigevo gegründet.

      Vigevo bietet Übersetzungen in die Gebärden-Sprache an.

      Später habe ich Scouts – Gebärden-Sprache für Alle gegründet.

      Ich finde:

      Viele Menschen mit Behinderung haben in ihrem Leben zu wenig Möglichkeiten.

      Auch viele gehörlose Menschen.

      Sie könnten viel mehr.

      Ich möchte mich dafür einsetzen:

      Menschen mit Behinderung sollen schon früh gefördert werden.

      Wir bieten zum Beispiel Früh-Förderung für gehörlose Kinder an.

      Und Gebärden-Sprach-Kurse für die Eltern.

      Denn die Eltern können meistens hören.

      Meistens ist es so:

      Die Eltern nehmen viel zu spät Kontakt zu uns auf.

      Kinder kommen erst mit 5 zu uns.

      Weil erst dann festgestellt wird, dass es Probleme gibt.

      Aber Kinder sollten schon viel früher mit der Gebärden-Sprache beginnen.

      Hörende Kinder lernen ja auch früher sprechen.

      Es gibt Eltern, die sich sehr früh für ein Cochlea-Implantat entscheiden.

      Darüber möchte ich nicht urteilen.

      Ich finde es aber wichtig:

      Gehörlose Kinder sollen auch die Gebärden-Sprache lernen.

      Denn das ist ihre Basis-Sprache.

      Auch die Eltern sollen die Gebärden-Sprache lernen.

      Nur dann haben die Kinder gute Möglichkeiten.

      Ärzt*innen konzentrieren sich zu sehr auf das Hören.

      Sie achten zu wenig auf das Sprechen.

      Aber Sprache muss nicht immer etwas mit Hören zu tun haben.

      Die wenigsten Ärzt*innen sagen:

      Kümmern Sie sich doch auch um die Gebärden-Sprache.

      Das ist wichtig für Ihr Kind.

      Die Gebärden-Sprache ist ganz anders als die gesprochene Sprache.

      Die Sätze werden anders gemacht.

      Deshalb sind Texte in deutscher Sprache für gehörlose Personen nicht so einfach.

      Es kommt auch auf die Schul-Bildung von der gehörlosen Person an.

      Wenn die Person viele Wörter kennt:

      Dann kann sie einen geschriebenen Text gut lesen.

      Diese Menschen können dann meistens auch ganz gut von den Lippen ablesen.

      Viele Leute denken:

      Von den Lippen ablesen ist ganz einfach.

      Man kann aber nur 1 von 3 Wörtern von den Lippen ablesen.

      Außerdem muss die gehörlose Person die deutsche Sprache gut kennen.

      Das ist bei Personen so, die nicht von Geburt an gehörlos sind.

      Das Gespräch war am 16. Juli 2020.

      Sindy Christoph

      Kurztext in Gebärdensprache (das Video besitzt keinen Ton und keinen Untertitel):

      Sindy Christoph

      Bildbeschreibung und Einsprache des Kurztextes:

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      Portrait - Frau Christoph
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